Montag, 6. August 2018

Die Folgen ... Depressionen

So ein Jahr ist jetzt vergangen und ich kann mich noch daran erinnern als ob es gestern gewesen wäre. Die letzte Chemotherapie war eine Befreiung von all der Routine und all den Gedanken die sich rund um die Krankheit drehten... dachte ich zumindest!

Während ich hier gemütlich auf Fuerteventura auf meinem Balkon sitze und genüsslich das schöne Wetter und den Blick aufs Meer genieße empfinde ich nichts als pures Glück. 
Doch der Weg zu dieser Zufriedenheit und diesem unbelasteten Gemütszustand war ein langer Weg, von dem ich damals noch keine Ahnung hatte. 

Während ich damals noch dachte endlich frei von allem zu sein, hatte ich eins total vergessen. Ich hatte Zeit. Ich hatte sehr viel Zeit. Zeit in der ich mir das erste mal so richtig Gedanken machen konnte und dann erst wirklich begriff was ich das letzte halbe Jahr alles überhaupt durch gemacht und geschafft habe. 
Während ich in der Zeit des Krankenhauses und der Chemo einfach nur funktioniert habe wie ein ferngesteuerter Roboter und all meine Kraft dafür verwendet habe die Ausbildung und das Fachabi zu meistern, habe ich keine Zeit zum großen Nachdenken gehabt. 
(Beziehungsweise  konnte ich es mir auch einfach nicht leisten.)

Nach den Prüfungen kam der Umzug und meine Gedanken drehten sich nur um das Einrichten und um das Stück Freiheit welches der Umzug mit sich brachte. 
Ich genoß mein Leben wieder in vollen Zügen und das Thema blieb immer im Hintergrund.
Anfang Oktober saß ich bei einem gemütlichen Kaffeetrinken  mit einer Freundin zusammen und wir redeten und ließen alles Revue  passieren. 
Es war das erste Mal, dass das Thema in den Vordergrund rückte und ich bekam bei dem Gespräch einen riesen Kloß im Hals. 

Ja...da saß ich nun. Ich, die immer dachte das ganze ohne Probleme zu meistern und Anderen Mut und Kraft schenken zu können. 
Und wurde gerade von meiner eigenen Geschichte überrollt. 
Dieser Tag würde kommen, das wusste ich. Aber was er in mir auslöste habe ich total unterschätzt.
Ich wurde leiser, schlief sehr viel und war traurig. Dieses Gefühl von Leere was mich seit dem begleitete war unerträglich. Ich zog mich zurück. War lieber alleine. Ich lag abends im Bett und weinte. Und dann weinte ich noch mehr, weil ich doch eigentlich stark sein wollte. Stark für mich und für alle Anderen auch! 
Es vergingen Wochen und mein Zustand wurde nicht besser. Ich versuchte mich abzulenken doch es funktionierte nicht. Wie gelähmt lag ich in meinem Bett und kam nicht mehr raus. Der Gedanke an die Arbeit fraß mich manchmal so sehr auf, dass ich teilweise gezwungen war kurzfristig abzusagen. 
Ich fühlte mich alleine obwohl ich das niemals war. 
Wenn ich arbeiten war hatte ich keine andere Wahl. Ich musste vergessen und wenigstens für paar Stunden so tun als ob es mir gut ginge.
Nach der Arbeit blieb ich noch Stunden da weil der Gedanke an die Einsamkeit die mich zuhause erwartete unerträglich war. 
Der Weg nach Hause war leise. Ich hörte nicht mal mehr Musik im Auto. Auf meinem Parkplatz angekommen war ich zu kraftlos um in die Wohnung hoch zu gehen und blieb minutenlang sitzen. Im kalten Auto ohne Musik. Aus einer Zigarette wurden zwei ... drei... vier. 
Ich dachte wieder nach, und das viel zu viel. 
Es waren Gedanken die mich innerlich auffrassen und ich konnte einfach nicht mehr aufhören! 
Während alle friedlich in ihren Betten schlummerten stellte ich die ganze Existenz in frage und kam einfach nicht mehr da raus. 

Wenn ich mit Freunden weg war, fühlte ich mich nicht anwesend. Das Geschehen um mich herum war wie ein Film der abgespielt  wurde und ich hatte einfach keine Chance mehr mitzuspielen. 
Das ganze zog sich zwei Monate bis ich irgendwann im Auto saß und weinend einen Freund angerufen habe weil ich Angst hatte mir was anzutun. 
Wie gerne hätte ich es selber daraus geschafft, doch ich war zu schwach. 
Wir fuhren durch die Nacht und redeten viel. Ich erzählte ihm alles und er sprach auf mich ein. Es flossen Tränen ohne Ende und ich erkannte in der Nacht, dass ich professionelle Hilfe brauchte. 

Immer noch bin ich umgeben von super Ärzten und so hatte ich das Glück schnell eine passende Psychotherapeutin zu bekommen. 
Mir viel es schwer einem fremden Menschen Zugang zu meinen Gedanken zu verschaffen. 
Die ersten Stunden waren schwierig, und die Therapie sehr tränenreich. Doch nach und nach hatte ich ein Gefühl von Erleichterung und die Themen wurden angenehmer. Ich konnte entscheiden ob ich  die Vergangenheit aufarbeiten wollte oder an aktuellen Problemen arbeiten möchte. 
Wir redeten nicht nur über Probleme sondern machten uns ebenfalls Gedanken über meine Zukunft und über Problemlösungen. 
Irgendwann ging ich gerne zur Therapie. 
Ich konnte es kaum abwarten meine Lasten von der Seele zu reden und ich merkte Stück für Stück wie ich wieder am Leben teil nahm.
Wie meine Unbeschwertheit wieder zurück kam und wie ich Stück Für Stück wieder das Leben zu schätzen lernte.

Mittlerweile ist die Therapie pausiert und meine Therapeutin hat den Fuerteventura Aufenthalt mit einem guten Gewissen abgesegnet. Auf der anderen Seite denke ich, vielleicht gehörte diese Reise auch zu meiner Therapie dazu. 
Raus zu kommen und endlich Abstand von allem zu gewinnen. 

Über dieses Thema  wollte ich schon früher schreiben aber ich war einfach noch nicht bereit dazu sowas so intimes zu veröffentlichen.
Der Beitrag ist für mich einer der schwersten gewesen. Es fällt einfach eine Fassade, die man sich mühevoll aufgebaut hat und man lässt tief in seine Gefühlswelt hinein blicken. 
Depressionen sind ein sehr schwieriges Thema, da jeder eine eigene Meinung dazu hat und es immer noch eine Krankheit ist, die nicht ernst genommen wird! 
Ich denke das Thema Depressionen sollte NIEMALS unterschätzt werden! 
Wenn ihr ähnliche Gedanken oder Gefühle habt, redet mit jemanden darüber. Ich habe echt lange gebraucht um mir das einzugestehen und ich bin mehr als froh, dass ich Hilfe bekommen habe.

Es ist alles machbar und ich hätte damals niemals an diese Lebensfreude und an diese Zufriedenheit geglaubt, welche ich heute wieder besitze!


Donnerstag, 25. Januar 2018

Das Leben in den Wechseljahren


Genau ein Jahr ist es mittlerweile schon her, dass ich meine Eierstöcke komplett rausbekommen habe und durch den Hormonverlust sofort in die künstlichen Wechseljahre gefallen bin. 


Ja es hat sich niemand verlesen, da steht 'Wechseljahre'!


Vor der OP haben meine Ärzte mir dringend davon abgeraten Dr Google zu fragen, was der Verlust der Eierstöcke für mich bedeuten würde. Aber so neugierig wie ich bin, war das erste was ich abends im Bett getan habe, Dr Google zu fragen. 'Leben ohne Eierstöcke' waren die Worte mit denen ich die Suchleiste füllte und dann kamen auch schon direkt mehrere Ergebnisse. 

Ich klickte auf drei Foren und las über depressive Frauen, welche diese Erfahrung als 'die Hölle' bezeichneten. Deren Ehen zerbrachen und dessen Leben nur noch Horror war. ...Okay ich schaute weiter aber die Erfahrungsberichte ähnelten sich alle sehr.

Mit dem letzten Funken Optimismus den ich noch hatte, setzte ich die Suche fort. Den Suchbegriff allerdings ergänzte ich mit den Worten 'positive Erfahrungen'. Es kam ein einziger Blog Eintrag von einem Mädel nicht sehr viel älter als ich. Sie sprach von anpassen und selber heraus finden wie man am besten damit umgeht. Und genau das hab ich mir dann auch vorgenommen. 


Warum ich davon jetzt erzähle, der Grund ist der: diese Stelle in meinem Leben hat mich dazu gebracht , alles öffentlich zu teilen. 

Man bekommt eine echt krasse Diagnose und wird nur noch mehr entmutigt, von Frauen die ihren Frust im Internet ablassen. 

Zum Glück sind die Menschen alle unterschiedlich und haben auch alle unterschiedliche Empfindungen. 


Ich fange erstmal mit einer Liste der Nebenwirkungen an, welche meistens auftreten und arbeite sie nach und nach ab.





Schwindel, Migräne und Übelkeit 


Über Schwindel Migräne und Übelkeit musste ich mich zum Glück davor schon nie groß beklagen. Direkt nach der OP war mir echt extrem schlecht und obwohl ich nie ein Problem mit dem Geruch von Rauch hatte, hätte ich mich bei dem Geruch direkt übergeben können. Kopfschmerzen und Übelkeit waren da eher die kleineren Übel allerdings hat sich das dann auch alles wieder komplett gelegt. 



Trockene Schleimhäute  & trockene Haut 


Gut wer meine 'Oma-Hände' kennt, der weis, dass ich einfach auch schon immer zu trockener Haut vor allem trockenen Händen geneigt habe, das eincremen nach dem Duschen gehört jetzt einfach mehr zur Routine.



Schweißausbrüche


Oh ja die habe ich, mal mehr und mal weniger. Manchmal steh ich bei uns im Laden und Wedel mit meinem Pullover bisschen Wind in den Ausschnitt. Wenn die Leute mich  dann anschauen kommentiere ich diese Handlung nur mit einem kurzen 'die Wechseljahre' und schmunzle. Die Leute lachen immer und denken es war ein kleiner Scherz. Also ihr seht, ich nehme es mit Humor :)



Stimmungsschwankungen


Die Stimmungsschwankungen... ein Thema mit dem viele Frauen vor allem auch unter Hormonzugabe zu kämpfen haben. Mädels ihr kennt das, ihr seid schlecht drauf und die Welt geht unter doch warum genau wisst ihr selber nicht. Genau so geht es mir manchmal auch.



Schlaflosigkeit 


Bei dem Thema wird bestimmt der/die Ein oder Andere schmunzeln. Denn wer mich kennt weis, dass ich auch mal den ganzen Tag verschlafen könnte. Eine Kleinigkeit hat sich allerdings doch geändert. Anstatt bis 13.00 Uhr kann ich mittlerweile nur noch bis 10.00 Uhr schlafen wenn ich mal den Luxus des schweigenden Weckers genießen darf.



Knochendichte und Muskelmasse nehmen ab


Who knows? Ehrlich gesagt kann ich zu dem Thema wenig sagen, ich hatte zwar vor der ganzen Geschichte 15 Kilo weniger auf den Rippen und durfte nach dem 4 wöchigen Krankenhausaufenthalt erstmal wieder meine Beinmuskeln so  trainieren, dass laufen wieder möglich ist. Das wars aber ganz ehrlich gesagt auch seit dem mit dem großen Muskeln trainieren. Das Abnehmen fällt mir seit dem schwerer, vielleicht liegt es aber auch einfach nur an meiner Leidenschaft zu essen, welche durch den geringeren Tagesbedarf an Kalorien nicht gerade vorteilhaft ist. 

Das mit der Knochendichte stimmt allerdings. Ich habe meine Hormonkur für 6 Wochen mal aufs Eis gelegt und mein Arzt hat mir geraten langsam wieder damit anzufangen sonst würde es sich negativ auf die Knochen auswirken...



Sinneswahrnehmung und Empfindungen (Depressionen)


Ich bin super sensibel geworden. Witze auf meine Kosten auf die ich früher noch eins drauf gelegt habe, werden mittlerweile eher weg gelächelt bzw. berühren sie mich  einfach viel mehr als damals. Früher konnte es für mich nie zu viel des Guten sein. Ich hatte immer gerne viele Menschen um mich rum, war gerne und immer unterwegs und eine laute Akustik war für mich auch nie ein Problem. Mittlerweile merke ich, dass ich mich gerne auch mal fein aus der Atmosphäre ziehe und einfach mal die Stille alleine auf dem Balkon oder sonst wo genieße. 

Ich merke, dass mir Abende zuhause auch mal gut tun und das ich am Wochenende doch  einen gemütlichen Abend mit Freunden vorziehe als immer On-Tour zu sein.

Ich beobachte mehr von außen und hinterfrage vieles, was sonst einfach hingenommen wurde. Alles in allem bin ich doch ruhiger geworden, was aber nicht heißt, dass man mich abends gar nicht mehr draußen sieht :)



Und zuletzt ...

Sexuelles Verlangen und die Lust lassen nach


Ehem ja, auch wenn das Thema ziemlich privat ist, möchte ich diesen Punkt trotzdem niemanden vorbehalten. Ich kann es nicht leugnen, dass sich da was verändert hat. Allerdings finde ich, ist das eher eine Einstellungssache bzw. ein Thema was generell viel über die Psyche geht. Wenn das Thema mal zur Sprache kommt, sage ich gerne den Satz 'es ist ein Fluch und ein Segen gleichzeitig'. Den Trieb bzw. die Lust die einen zu sexuellen Handlungen verleiten existieren bei mir vergleichsweise zu anderen nicht mehr in dem Ausmaß. Allerdings sind die Empfindungen dabei immer noch die selben. 





Ihr wisst nicht wie amüsant es ist, wenn man sich mit den Freundinnen von der eigenen Mama darüber austauschen kann und die Mutter nur neben dran steht und nicht mitreden kann. Genau so wie bei den Müttern der eigenen Freunde.  


Ich bin zwar jetzt mein Leben abhängig von Ersatzhormonen, welche mein Leben so normal wie möglich gestalten und sehr vielen Nebenwirkungen entgegen wirken. Aber es gibt eindeutig schlimmeres. 

Und falls jemanden dieser Eingriff bevorsteht, macht euch bitte nicht so viele Gedanken davor und lasst es einfach alles auf euch zu kommen.

Man kann sich auch viel einreden bzw auch schon mit einer negativen Einstellung ran gehen, doch ob es wirklich so negativ im Nachhinein ist, merkt man dann meistens gar nicht. 


Und an alle Mädels, Kopf hoch, so schlimm wird es nicht ;D